Der Bielefelder Journalist Ulrich Schmidt war von der Lektüre des Erzählbandes Jan war Jossele von Adam Zielinski (Wieser) nach eigenen Worten „wie elektrisiert, denn da schrieb einer über Galizien aus eigener Anschauung. Dieser Autor blieb aber nicht in der Vergangenheit stecken, sondern verstand es, die Handlungsstrange seiner Geschichten in die Gegenwart weiterzuspinnen. Das fand ich spannend. Die Lektüre seiner zehnbändigen Werkausgabe bei Wieser bestätigte meinen ersten Eindruck. Zugleich weitete sie meinen Horizont der Zielinski’schen Welt über Galizien, Wien, Polen und Ex-Jugoslawien bis nach China. Den Kosmos der Welt aus den eigenen Wurzeln heraus zu er- und begreifen, diese Möglichkeit wies mir der Autor“.
Adam Zielinski hat seit dem Frühjahr 2005 Ulrich Schmidt in langen Gesprächen aus seinem Leben erzählt. In weiteren Gesprächen mit Freunden und Wegbegleitern hat sich bei ihm das Bild vom Zeitzeugen Adam Zielinski zugleich gerundet und kompliziert. Neun Mal habe er bereits überlebt, hat der ukrainisch-polnisch-jüdische Autor, der in Wien lebt, einmal gemeint. Sein neunfaches Leben hat der achtzig Jahre junge Galizianer unter schwierigsten Bedingungen gemeistert. Er ist Augenzeuge des »vergessenen Holocaust«, hat den Stalinismus in Polen miterlebt, war Mitstreiter beim wirtschaftlichen Aufstieg Österreichs nach dem Staatsvertrag von 1955, gehörte zu den Pionieren des Handels mit China, war ein gefragter Handelspartner des offiziellen Jugoslawien, bekam bisweilen die Rolle eines Politikberaters zugewiesen und ist mit seinem literarischen Schaffen immer auch unbestechlicher Chronist all dieser Lebensabschnitte.
»Ich bin ein Galizianer, ich bekenne mich dazu, ich bin stolz darauf, aber immer wieder stoße ich auf die Frage: Was ist eigentlich Galizien? Galizien ist ein Begriff, der nur in unseren Köpfen existiert, es ist ein Begriff, der seinerzeit vom k. u. k. Österreich geschmiedet wurde, es ist aber ein geografisches Revier, das auf keiner Karte zu finden ist. Trotzdem, Galizien existiert in unseren Herzen und in unseren Gehirnen.« (Interview Dezember 2004) So lebhaft redet Adam Zielinski noch fast neunzig Jahre nach dem faktischen Verschwinden der Region Galizien von der politischen Landkarte. Warum er so temperamentvoll davon redet? Natürlich weil er dort geboren ist, weil er dort unvergessliche Erfahrungen im Guten wie im Bösen gemacht hat und weil ihm daran liegt, dass es nicht vergessen wird. Jacob Allerhand hat in seinem Aufsatz »Alle Wege führen nach Wien« hervorgehoben, was es mit diesem geografischen Revier auf sich hat: »Viele Mächte und Kulturen haben Galizien positiv und negativ geprägt, dem österreichischen Einfluss verdankt es aber so etwas wie Souveränität. Adam Zielinski hat sich für diese austriazistische Option entschieden und ist damit wohl einer der letzten Galizianer. Er lebt in Wien die Souveränität Galiziens und ist mit seinem Schaffen deren bester Interpret.«
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