Festrede zur 500-Jahr-Feier von Klagenfurt/Celovec
Svečani nagovor ob petstoletnici Celovca/Klagenfurta

36 Seiten, ultramarin 007
EUR 14,95

„Bei unserem allerersten Ausflug in die Kärntner Landeshauptstadt stiegen wir Kinder der Dorfvolksschule Kamering am Bahnhof in Klagenfurt am Walther-von-der-Vogelweide-Platz aus dem Omnibus und gingen mit der Lehrerin Waltraud Stoxreiter und mit dem Lehrer Emanuel Wenger in die Stadt hinein. Alle Menschen auf der Bahnhofstraße grüßten wir, zu jedem sagten wir: ,Grüß Gott! Grüß Gott!‘ Manche grüßten freundlich und beglückt zurück, andere gingen hochnäsig vorbei, manche fühlten sich sogar gefrotzelt. Dann gab uns der Lehrer zu verstehen, daß wir die Leute in der Stadt nicht grüßen müssen. Ich war entsetzt und fragte mich mit schlechtem Gewissen, da ich keinen Vorbeigehenden mehr grüßte, wie so etwas möglich ist auf dieser Welt, dass Menschen einander nicht grüßen!“

Josef Winkler, am 3. März 1953 als Sohn bäuerlicher Eltern in Kamering bei Paternion, Kärnten, geboren, besuchte die achtklassige Dorfvolksschule in Kamering und die Handelsschule in Villach. 1973 trat er in den Bürodienst der damaligen Hochschule für Bildungswissenschaften und jetzigen Universität in Klagenfurt ein. In dieser Zeit gab er mit dem Universitätsprofessor und Schriftsteller Alois Brandstetter die Literaturzeitschrift »Schreibarbeiten« heraus und gründete einen literarischen Arbeitskreis, von dem Schriftsteller aus dem In- und Ausland zu Lesungen eingeladen wurden. Auf Vermittlung von Martin Walser erschien 1979 sein erster Roman »Menschenkind« im Suhrkamp Verlag. Von 1979 bis 1982 ging er an der Universität Klagenfurt in Karenz. Seit 1982 lebt er als freier Schriftsteller.

Inzwischen sind im Suhrkamp Verlag 19 Bücher erschienen, zuletzt im März 2018 der Roman »Laß dich heimgeigen, Vater, oder Den Tod ins Herz mir schreibe«.

2001 erhielt Josef Winkler für seine römische Novelle »Natura morta« den von Günter Grass gestifteten Alfred-Döblin-Preis, 2007 den Großen Österreichischen Staatspreis und 2008 den Georg-Büchner-Preis der Akademie für Sprache und Dichtung in Darmstadt.

Rezensionen & Reaktionen

Pressestimmen

Süddeutsche Zeitung vom 18. Oktober 2018

ORF Kärnten vom 16. Oktober 2018

Kleine Zeitung vom 2. Mai 2018

Die Presse vom 28. April 2018

Kleine Zeitung vom 24. April 2018

„Die Überspitzung unerträglicher Strukturen und Zustände ist nicht erst seit Th omas Bernhard
ein literarisch zulässiges Kennzeichen des Alarmismus. Übertreibung dient der
Kenntlichmachung von Borniertheit. Künstlerische Strategien helfen, strukturelle Gewalt
sichtbar zu machen. Winkler, ein verschworener Anhänger anrüchiger Einzelgänger
wie Jean Genet oder Pier Paolo Pasolini, ist nicht nur Schüler der antibürgerlichen Moderne.
Das obsessiv benützte Merkwort seiner morbiden Poesie ist seit jeher der Tod.“
Roland Pohl, Der Standard, 3. 5. 2018

„Ein Text über Jörg Haider ist immer heikel – für dessen Fans.“
Norbert Mayer, Die Presse, 28. 4. 2018

„Literatur muss zum Glück überhaupt nichts – außer vielleicht in Tagen wie diesen,
da die ebenfalls zur Festrede geladene Historikerin den Zweiten Weltkrieg mit einem einzigen Satz
zum Kriegsende (!) streift, die Funktion eines kritischen Korrektivs erfüllen und gegen die Übermacht
von Dummheit und Vergesslichkeit angehen.“
Anna Baar, Kleine Zeitung 2. 5. 2018

„Es hat nicht lange gedauert und ich habe diese Rede auf der Zunge gehabt, in den Augen und
in den Ohren. Beim guten Geschmack kommt es auf die geschärften Sinne an. Man kann
das Hören sehen und umgekehrt. (…) Über Geschmack lässt sich nicht streiten, in der Literatur
geht es um Gültigkeit.“
Lydia Mischkulnig, Kleine Zeitung 2. 5. 2018